Zeitweise turbulent ging es bei der Sitzung im Stadtrat von Bad Reichenhall am 11. September zu, als es um das heiße Thema Ortsumfahrung ging. Einmal mehr haben Vertreter aller Parteien bekräftigt, dass jetzt endlich was zum Wohle der Bürger von Bad Reichenhall geschehen müsse. Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner betonte gar, dass es nach 40 Jahren an der Zeit sei. Und dabei irrte er nicht zum ersten Male, denn die Ortsumfahrung Bad Reichenhall ist bereits seit 1970 im Bundesverkehrswegeplan zu finden, also seit knapp 50 Jahren.
Fünf Minuten maximale Redezeit

Den Auftakt machte Michael Nürbauer, der die Redezeit der Stadträte auf fünf Minuten begrenzen wollte. Angesprochen fühlte sich sogleich Fritz Grübl und kommentierte den Vorstoß mit den Worten, „so brauchen wir hier nicht anzufangen“. Gleichwohl musste über den Vorschlag abgestimmt werden, und immerhin fanden 12 Stadträte gefallen an der Idee des ‚Grünen Stadtrates‘. Josef Kaltner vom Stadtbauamt stellte die Pläne vor und erläuterte sie kurz, bevor sich die Stadträte dazu äußerten. Parteiintern hatten sich die Fraktionen bereits im Vorfeld abgesprochen, so dass der Zuschauer und Bürger in der Stadtratssitzung immer nur die halbe Wahrheit erfährt, denn man war sich längst einig. Entsprechend sparsam vielen die Wortmeldungen der CSU-Stadträte aus.
Das Bauamt sieben Monate warten gelassen
Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner meinte, dass nach seinem Gespräch mit Ministerin Ilse Aigner endlich Bewegung in die Sache gekommen und die Ortsumfahrung nun auch beim Staatlichen Bauamt Traunstein Chefsache sei. Warum die Stadt sieben Monate lang den Forderungen des Bauamtes nach einer Projektskizze ‚Auentunnel‘ mit Streckenverlauf, Höhenangabe und Anbindung an das Wegenetz nicht nachgekommen ist, erwähnte das Stadtoberhaupt mit keinem Wort. Auch die übrigen Stadträte, ausgenommen die FWG, störten sich daran nicht. Man scheint entgegen aller Beteuerungen ‚alle Zeit der Welt‘ zu haben und die Sorge um die Bürger kann nicht so groß sein, während Stau und Verkehr in Bad Reichenhall jährlich zunehmen.
Geld und Zeit ohne Sinn verschwendet
FWG Fraktionssprecher Gerhard Fuchs erinnerte darum, dass es vor einem Jahr ausgerechnet der Oberbürgermeister selbst war, der ‚die Causa Auentunnel‘ in einem Jahr erledigt haben wollte. „Und erst heute, elf Monate später, reicht man Pläne, die man wohl nur als Ideenskizzen bezeichnen könne, beim Staatlichen Bauamt Traunstein ein. Nichts ist bislang passiert, die Bürger warten vergeblich“, übt Fuchs deutliche Kritik und führt weiter aus: „Ein Ausbau ‚im Bestand‘ ist längst geprüft und als unrealistisch eingestuft worden. Man bindet mit diesen neuen Varianten-Untersuchungen nur Zeit, Kapazitäten und Geld ohne Sinn. Es werden niemals alle hinter einer Ortsumfahrung stehen, egal wie diese Variante aussieht. Es wäre an der Zeit, endlich das genehmigte Projekt Kirchholztunnel und Stadtbergtunnel anzupacken.“
Immer nur planen und nichts passiert
CSU-Stadtrat Sebastian Renoth ergänzte: „Jetzt haben wir wieder vier neue Vorschläge bzw. Ideen für eine Ortsumfahrung. Es wird seit Jahren geplant und geredet und nichts passiert in unserer Stadt bei der Ortsumfahrung. Warum sich nicht einfach auf den Kirchholztunnel konzentrieren?“ fragt Renoth.
Bundesverkehrswegeplan nicht wörtlich nehmen
Die Stadträte Michael Nürbauer und Manfred Hofmeister von ‚Bürgerliste Reichenhall, Bündnis 90 / Die Grünen‘ wollten das so nicht hinnehmen und relativierten die Projekte des Bundes im ‚Vordringlichen Bedarf‘. Man dürfe das nicht so wörtlich nehmen, denn es seien dort ja eine Vielzahl von Projekten und wer wisse schon, wie lange das Geld reiche. Darüber hinaus habe man im Bundestag jetzt jenen Straßenprojekten Priorität eingeräumt, die unter die Kategorie Erhalt und Ersatz fallen würden. Damit wollten die beiden Stadträte, seit Jahren erklärte Gegner und Verhinderer der geprüften und genehmigten Ortsumfahrung Kirchholz- und Stadtbergtunnel, offenbar einem ‚Ausbau im Bestand‘ das Wort reden.
Kirchholztunnel hat Gesetzeskraft
Und dann folgte der mit Spannung erwartete Redebeitrag von FWG-Stadtrat Fritz Grübl, den Michhael Nürbauer ja offensichtlich auf fünf Minuten begrenzen wollte, ein durchschaubares Manöver. Grübl verwies zunächst auf das „Sechste Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes“. Der Gesetzgeber hat dort in der verbindlichen Anlage unter der Ziffer 276 die Ortsumfahrung Bad Reichenhall festgeschrieben. Grundlage war das Projekt Kirchholztunnel, das mit seiner Bewertung der Einstellung in den Bundesverkehrswegeplan zugrunde liegt. „Es hat damit Gesetzeskraft“, betont Grübl. „Festgeschrieben ist hier auch ein zweistreifiger Ausbau. Damit entfallen bereits zwei der vier hier vorgeschlagenen Varianten“, ist sich der Stadtrat sicher.
Täuscht der Oberbürgermeister den Stadtrat?
Dem Oberbürgermeister Dr. Herbert Lackner wirft er eine Täuschung des Stadtrates in der Sitzung vom 10. Oktober 2017 vor. „Sie hatten damals lediglich von einer Einladung des Bayerischen Innenministeriums gesprochen. Sie haben aber verschwiegen, dass Staatssekretär Gerhard Eck im gleichen Schreiben deutlich machte, dass für einen Auentunnel die Voraussetzungen fehlten. Er begründete: ‚Für den Auentunnel Bad Reichenhall besteht hinsichtlich der Topographie, aufgrund des ebenen Talgrundes keine Begründung für einen Tunnel‘. Auch andere Voraussetzungen sind nicht gegeben, führte der Staatssekretär aus.
Eine Ministerin mit falschen Amtsverständnis?
Den ‚Stein ins Rollen‘ für das Projekt Auentunnel hat der Unternehmer Max Aicher gebracht, erinnerte Grübl. „Und Sie, Herr Oberbürgermeister, sind mit Max Aicher eigens beim damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in Berlin vorstellig geworden, um das Projekt voran zu bringen.“ Auch die bayerische Ministerin Michaela Kaniber ließ der Stadtrat nicht aus. „Sie verwechselt ihr Mandat im Gemeinderat von Bayerisch Gmain mit ihrem Amt als Ministerin und versucht das vom Bund genehmigte Projekt Kirchholztunnel über ihren Einfluss bei der bayerischen Verkehrsministerin Ilse Aigner zu blockieren. Dabei sind viele Bürger in Bayerisch Gmain längst für den Bau des Kirchholztunnels“, ist sich Fritz Grübl sicher.
Max Aicher neuer Co-Bürgermeister?
Empört zeigt sich Fritz Grübl, dass jetzt ausgerechnet das dem Unternehmer Max Aicher verpflichtete Ingenieursbüro Staller die Pläne für die Stadt Bad Reichenhall gefertigt hat. „Sie, Herr Oberbürgermeister, haben Herrn Aicher zum Co-Bürgermeister von Bad Reichenhall erkoren“, polemisierte Grübl.
Predigtstuhlbahn und Ortsumfahrung
Das wollte der Rathauschef natürlich nicht auf sich sitzen lassen. „Ich habe weder den Stadtrat getäuscht, noch Herrn Aicher zum Co-Bürgermeister gemacht. Ich möchte nicht, dass in der Öffentlichkeit ein falscher Eindruck entsteht. Herr Aicher hat sich mit der Predigtstuhlbahn sehr verdient für die Stadt Bad Reichenhall gemacht“, erklärt Dr. Herbert Lackner. Was die Predigtstuhlbahn allerdings mit der Ortsumfahrung von Bad Reichenhall zu tun hat, war seinen Ausführungen nicht zu entnehmen.
Märchenstunde oder Alptraum?
SPD-Stadtrat Dr. Wolf Guglhör meinte, man könne die Ausführungen von Fritz Grübl gerne als Märchen abtun. Man habe sie auch schon zur Genüge gehört. Den Beweis dafür aber, was denn das Märchenhafte daran sei, blieb er schuldig. Besser wäre es wohl ‚Die ewige Geschichte um die Ortsumfahrung Bad Reichenhall‘ als Alptraum zu bezeichnen. Ein Alptraum für alle Bürger und Gäste in Bad Reichenhall. Der Stadtrat von Bad Reichenhall entschied sich mit 14 zu 10 Stimmen die vier Varianten beim Staatlichen Bauamt Traunstein zur Untersuchung einzureichen.
Gegen den Beschluss stimmt geschlossen die FWG-Fraktion und von der CSU die Stadträte:
Florian Halter, Thomas Sprinzing, Sepastian Renoth, Andreas Staller
[…] und die Bürgerliste. Am Ende – und ein ganzes Jahr später – am 11. September 2018 (siehe Bericht) war es dann nicht allein der so genannte Auentunnel, sondern gleich vier Vorschläge, die der […]
[…] sogar von höchster Stelle aus bewilligt und als dringlich anerkannt worden. Es ist ein kommunalpolitisches Glanzstück, hier nicht mit beiden Händen zuzugreifen und eine Zumutung, dem SBT erneut zu einer Prüfung von […]